@noch’n Flo
Da ich als Schüler einen Sommerjob als Fensterputzer hatte, sollte ich eigentlich eine gewisse Immunität gegen Vertigo entwickelt haben – dem ist aber nicht so, obwohl ich Höhen geradezu unwiderstehlich anziehend finde. Und darum habe ich bei meiner ersten Ballonfahrt eine interessante Beobachtung gemacht, die ich dann später bei meinem Solo-Fallschirmsprung (subtile Prahlerei hier, gell?) im Selbstversuch bestätigen konnte: Das Höhenempfinden schaltet sich von alleine ab, wenn Fluchtlinien (Gebäudekanten oder Steilhänge oder ähnliches) fehlen. Meine These: Da wir von Natur aus ja nicht fliegen können, ist unser direktes Höhenempfinden überfordert, wenn es über zehn Meter (das war meine Schätzung bei der Ballonfahrt) hinaus geht, was etwa der Höhe von Ästen entsprechen dürfte, die unsere baumlebenden Ahnen erklommen haben. Und unser zweiter, durch Fluchlinien (Absturzgefahren!) informierter Höhensensor schaltet sich mangels entsprechender visueller Schlüsselreize gar nicht erst ein. Ist zwar nur meine anekdotisch gestützte Privattheorie, aber weder beim Ballonfahren (ab, wie gesagt, etwa 10 Metern Höhe) noch beim Fallschirmspringen konnte ich, trotz signifikanter Altituden (die sich i.d.F. in Hunderten bzw. Tausenden von Metern bemaßen) durchs Hinabschauen jenen Nervenkitzel und Handflächenschweiß erzeugen, den ich sonst schon beim Blick von unten auf einen Fernsehturm kriege. Oder den ich regelmäßig erlebt hatte, als ich in meiner ehemaligen Wohnung im 44. Stock eines Manhattan-Wohnhochhauses auf den Balkon trat …
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Von: Jürgen Schönstein
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